Nachhaltige Wolle – achte auf diese Kriterien

Wie wurden die Schafe für deine Wolle gehalten? Warum ist es besser, Wolle ohne Superwash-Ausrüstung zu kaufen? Wie viele Kilometer hat dein Garn zurückgelegt, bevor du es verstrickst?
Antworten, Kriterien und Empfehlungen für den Kaufentscheid findest du in diesem Artikel.

Nachhaltig hergestellt bedeutet, dass im Ökosystem die Ressourcen so genutzt werden, dass sich das System wieder regenerieren kann und somit eine dauerhafte Nutzung gewährleistet ist.
Unter fair produziert verstehe ich würdige Arbeitsbedingungen für Textilarbeiter:innen, Schäfer:innen und Bäuer:innen, sowie eine liebevolle, artgerechte Tierhaltung.

Die Kriterien für eine nachhaltige und faire Produktion sind demnach:

  • Umwelt schonen
  • Tierwohl gewährleisten
  • Faire Arbeitsbedingungen einhalten

Wie wird Garn aus Wolle hergestellt?

Der Weg vom Schaf zum Garn wird auch als Lieferkette bezeichnet.

Grob gesagt handelt es sich um folgende Arbeitsschritte

  • Haltung von Schafen
  • Scheren der Schafe
  • Waschen der Rohwolle
  • Wolle zu Garn spinnen
  • Färben des Garns
  • Ausrüstung, Veredelung
  • Verpackung

Welches ist die nachhaltigste Haltung von Schafen?

Wie, wo und wozu werden Schafe gehalten? Die Antworten auf diese Fragen haben einen Einfluss über den ökologischen Fussabdruck von Schafwolle.

Schafe können aus verschiedenen Gründen gehalten werden:

  • Wollproduktion: Ein Beispiel dafür sind riesige Merino-Schafherden in Australien.
  • Milch- und Fleischproduktion
  • Landschaftspflege

Intensive Haltung für die Wollproduktion

Wollschafhaltung für industrielle Woll-Massenproduktion ist weder fürs Klima, die Artenvielfalt noch für die Tierhaltung gut.
Die Schafe stossen klimaschädliches Methan aus.
Wenn sie des maximalen Profits wegen auf engem Raum gehalten, gegen Ungeziefer mit Chemikalien behandelt werden und wegen Überzüchtung ohne Betäubung Hautfalten abgeschnitten bekommen (Mulesing), kann von Tierwohl keine Rede sein.

Haltung für die Milch- und Fleischproduktion

Auch Milch- und Fleischschafe müssen wie alle Schafe geschoren werden. Aus dieser Wolle kann auch Garn gemacht werden. Die Wolle fällt als Nebenprodukt an und verbraucht deshalb kaum Ressourcen.

Extensive Haltung

Sie ist das Gegenteil der intensiven Tierhaltung.
Vereinfacht gesagt bedeutet dies:
wenig Tiere auf grosser Fläche.
In der Regel ist kein Zusatzfutter notwendig und das Vieh ist häufig ganzjährig auf der Weide.
Eine ökologisch sinnvolle Lösung, welche auch eine Misch-Nutzung des Bodens möglich macht:

Mein Traum wäre es, wenn die Schafe das Gras fressen, damit ich nicht selbst mulchen muss. Die Hühner unter den Bäumen scharren, damit ich nicht hacken muss.
Mit Gründüngung und den tierischen Ausscheidungen der Boden so belebt wird, so dass ich auf Kunstdünger verzichten kann und nicht mehr Düngen muss.
Resistente Sorten anbauen und so den Pflanzenschutz drastisch vermindern.
Dafür können wir auf der gleichen Fläche nicht nur Obst, sondern auch Fleisch und Wolle von Schafen und Eier von Hühnern ernten.

Das sagt Stefan Bächli auf www.juckerfarm.ch über extensive Landwirtschaft.

Haltung für die Landschaftspflege

Eine Unterart der extensiven Tierhaltung ist die Wanderschäferei.

Landschaftspflege-Schafe verhindern durch die Beweidung die Verbuschung wertvoller Kulturlandschaften. Die Wanderschäferei spielt für die Artenvielfalt eine wichtige Rolle: Schafe transportieren in ihrem Fell und mit dem Kot Samen und Insekten.

Die entstehenden Böden leisten einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel. Immergrüne Weiden speichern über die Wurzeln auch im Winter CO₂ über im Boden. Der im Vergleich zum Ackerboden mehrschichtige und unbelastete Grünlandboden bindet zudem Schadstoffe wie übermässigen Stickstoff und verhindert damit Nitratbelastung von Grundwasser, Flüssen und Seen.

Das schreibt planet-wissen.de über die Wanderschäferei.

Die Wolle fällt bei Landschafts-pflegenden Schafen also nicht nur als Nebenprodukt an, sondern hat zudem eine Reihe von positiven Auswirkungen.

Worauf beim Tierwohl achten?

Mulesing

tDas Abschneiden der Haut rund um den Schwanz von Schafen, ohne Betäubung, ist ein in Australien gebräuchliches Verfahren, um einen Befall mit Fliegenmaden zu verhindern.
Die Parasiten treten auf, weil den Schafen zusätzliche Hautfalten angezüchtet wurden, um den Wollertrag zu steigern.
In Europa und Südamerika lebende Schafe sind nicht betroffen, weil die besagte Fliege dort nicht vorkommt.
Mit scheint, die Diskussion um das Tierwohl bei Schafen, ist primär auf das Thema Mulesing reduziert.
Ich wünsche mir jedoch Wolle von Schafen, welche ein würdiges, ihrer Natur entsprechendes Leben leben können, welche weder durch Chemiebäder getrieben, noch die Schwänze abgeschnitten bekommen, weil das die Arbeit der Schafhalter:innen erleichtert.
Der Beschrieb vom Leben von Wanderschafen wirkt auf mich am ehesten nach dem, was ich mir unter Tierwohl vorstelle.
Eine gute Alternative stellt auch die kontrollierte biologische Tierhaltung (kbT) dar, welche Bestandteil des GOTS-Siegels (siehe weiter unten) ist.

Wanderschäferei

Den folgenden Abschnitt übers Tierwohl in der Wanderschäferei habe ich von der Seite  Paula und Konsorten, welche aus der Wolle der Schafe Strickwolle herstellen, entnommen.
Lies den ganzen Beitrag über das Leben der Schafe von Paula und Konsorten oder einen kleinen Ausschnitt:

Wanderschäferei ist eine der wenigen weitestgehend artgerechten Nutztierhaltungen unserer Zeit.
Die Herde ist das ganze Jahr über draussen unterwegs.

So führen die Schafe ein weitgehend freies und selbstbestimmtes, aber eng betreutes Leben in Freiheit.
Sie wählen ihr Futter selbst aus dem abwechslungsreichen Angebot der Weidegründe, paaren sich auf natürliche Weise, können ihre Rolle und Verantwortung als Mütter ausfüllen und wachsen selbst unter der Fürsorge ihrer Mutter auf.

Was ist das Problem beim Färben und Veredeln der Wolle?

Konventionelle Färbemittel enthalten zahlreiche gefährliche Chemikalien, die beispielsweise Krebs erregen oder in den Hormonhaushalt eingreifen können.

Nachhaltiger ist es, Farbstoffe aus Blättern, Wurzeln, Rinden, Blüten, Beeren, Pilzen und Flechten zu gewinnen. Naturfarben haben ausserdem den Vorteil einer harmonischen Farbpalette. Naturfarben sind dadurch leicht untereinander kombinierbar.

Mit Naturfarben gefärbte Garne, werden soviel ich weiss, bis jetzt nur in Kleinserien von Einzelpersonen gefärbt.

Wenn du bei einer grösseren Marke kaufst, geben Textil-Siegel Auskunft über den Einsatz von Chemikalien:

GOTS-Siegel

Nur umweltverträgliche, vom GOTS-Siegel geprüfte Chemikalien, die frei von gefährlichen Stoffen sind, werden verwendet.
Voraussetzung für das Siegel ist auch eine kontrolliert biologische Tierhaltung.

Fazit:

  • Umwelt
  • Gesundheit von Textilarbeiter:innen und  Konsument:innen
  • Tierwohl

wird Sorge getragen.

OEKO-TEX® STANDARD 100 – Siegel

OEKO-TEX 100 garantiert lediglich, dass sich für die Träger:innen keine schädlichen Chemikalien mehr im Kleidungsstück, Stoff oder Garn befinden.

Auf den Banderolen von Garnen finden sich meist keine, oder die oben genannten Siegel.
Wenn du hinsichtlich chemischer Substanzen mehr Informationen über Textilsiegel wissen möchtest, empfehle ich dir den Greenpeace Chemie-Einkaufsratgeber-Textilsiegel (klick).

Chemikalien kommen auch beim Bleichen, Karbonisieren und der Superwash-Ausrüstung zum Einsatz.

  • Bleichen ermöglicht das Überfärben der Wolle mit hellen Farbtönen.
  • Karbonisieren entfernt Pflanzenreste durch ein Bad aus verdünnter Schwefelsäure und anschließender Erhitzung.
  • Die Superwash-Ausrüstung erlaubt das Waschen der Wolle bei 40 Grad in der Waschmaschine.
    Vereinfacht gesagt, werden die Schuppen der Fasern entfernt und die Faser mit einer erdölbasierten Schicht überzogen.
    Making Stories erklärt, warum dieser Prozess nicht nachhaltig ist.

Der Vorteil unbehandelter Wolle

Schafwolle ist eine Wunderfaser mit beeindruckenden Eigenschaften:

  • wasserabweisend
  • schmutzabweisend
  • selbstreinigend
  • temperaturausgleichend
  • elastisch
  • schwer entflammbar

Je weniger Chemikalien an die Wolle gelangen, desto besser behält sie ihre nützlichen Eigenschaften.

Kurze Transportwege

Geringe Abstände zwischen den Arbeitsschritten der Lieferkette reduzierenden  CO₂-Ausstoss beim Transport.
Ausserdem ist ein regelmässiger Kontakt mit den verarbeitenden Unternehmen bei kleinen Distanzen einfacher.
Leider sind kurze Transportwege heute nicht die Regel, sondern die grosse Ausnahme.

Konsument:innen von heute wünschen sich meist weiche Garne zu günstigen Preisen.
Auch die meisten Garnhersteller räumen dem günstigen Verkaufs-Preis mehr Priorität ein als Transparenz, Tierwohl, Arbeitsbedingungen und Umwelt.
So erstreckt sich die Produktion von konventionellen Garnen über mehrere Kontinente:
Weiches Garn liefern hauptsächlich Merinoschafe in Australien, Neuseeland oder Südamerika.
Die Weiterverarbeitung findet oft in Billiglohnländern in Asien statt, um die Lohnkosten möglichst tief zu halten.

Es geht jedoch auch anders.
Kleine Garnmarken verarbeiten heimische Wolle in kleinen Umkreis zu nachhaltigen Garnen, Stoffen und Textilien.
Rosa Pomar, ein portugiesisches Garnlabel stellt reine Natur-Garne her, welche vom Schaf zum Garn in Portugal hergestellt werden.
Lies das Portrait von Mondim, dem plastikfreien Sockengarn von Rosa Pomar.

Oder schau dir die die Produktionskette von albnah an, einer Firma, welche Kleidung aus deutscher Schafwolle in Deutschland und Österreich herstellt.

Faire Arbeitsbedingungen

Textilarbeiter:innen in Niedriglohnländern erhalten mehrheitlich keinen existenzsichernden Lohn. Sie sind Misshandlungen, Diskriminierungen, Belästigungen ausgesetzt und müssen unter unsicheren, teils gesundheitsschädigenden oder sogar lebensgefährlichen Bedingungen arbeiten.
Gute Arbeitsbedingen bedeuten für die Arbeitnehmer:innen unter anderem:
  • Erlaubte Mitgliedschaft in Gewerkschaft
  • Kranken- und Pflegeversicherung
  • Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz
  • Keine Kinderarbeit
  • Arbeitsverträge mit geregelten Arbeitszeiten
  • Lohn reicht um die Grundbedürfnisse, einer Familie zu versorgen.
Schau dir das kurze Video von Femnet über die Vision von Fair Fashion 2030 an

Für Garne und Stoffe gibt es meines Wissens nur das GOTS-Siegel, das sowohl ökologische als auch minimale soziale Standards abdeckt.

Die Lieferketten in der Textilindustrie sind äusserst komplex.
Meines Erachtens können nur Marken, die ihre Lieferkette selbst eingerichtet haben und die Produktionsbetriebe regelmässig besuchen, für anständige Arbeitsbedingungen garantieren.

Bei solchen Unternehmen findest du in der Regel auf der Website auch transparente, konkrete Angaben.
Auf der Seite von Mährle-Wolle siehst du, wie solche Angaben aussehen können.

💡 Fazit: Kriterien für nachhaltige Wolle

  • artgerechte Tierhaltung
  • umweltschonend gefärbt
  • ohne chemische Ausrüstungen und Veredelungen
  • 100% Wolle
  • kurze Transportwege
  • gute Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette
  • von einer Marke, die auf ihrer Website aussagekräftige Angaben zur Nachhaltigkeit macht

Nachhaltige Wolle – für dich getestet

Puh, da gibts ganz schön viel, worauf du achten musst.
Aber keine Sorge.

Wollgarne, welche ich für meine Designs verwende, wähle ich nach oben genannten Kriterien aus.
Relevante Informationen, welche ich nicht auf der Website des Unternehmens finde, hole ich mir durch Rückfragen bei den Herstellern ein.
Lies gleich das erste Wollportrait über Mondim von Rosa Pomar, ein portugiesisches Sockengarn.

Abonniere gerne den Green Needle Letter.
So wirst du informiert, wenn neue Wollportraits verfügbar sind.

Wie weiter?

Wenn du noch mehr über nachhaltige Produktion wissen willst,
lies auch meinen Beitrag, warum es sich lohnt, auf nachhaltig und fair hergestellte Stoffe und Garne zu achten.

Auch in der Rubrik nachhaltige Materialien findest du weitere Artikel zum Thema.

Ich kann verstehen, wenn dich die vielen Kriterien überfordern.
Erlaube dir, dich dem Thema langsam, in deinem Tempo zu nähern.
Du könntest dich erst mal auf das Kriterium, welches dir am wichtigsten ist, konzentrieren und später noch andere dazu nehmen.

Viele Menschen, die kleine Schritte machen, bewirken viel mehr, als eine Handvoll Leute, die alles perfekt machen.

Hast du etwas Neues erfahren, oder möchtest du noch etwas ergänzen?
Ich freue mich 🤗 auf deinen Kommentar, gleich unten im Kommentarfeld!

2 Kommentare

  1. Gabriele Brandhuber

    Eine sehr schöne Zusammenfassung und ein guter Überblick, liebe Anja! Danke dafür. Liebe Grüße, Gabi

    Antworten
    • Anja Stetter

      Liebe Gabi, dein Lob von kompetenter Seite freut mich enorm!

      Antworten

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