Kennst du es auch? Du hast einen geliebten Rucksack, den du täglich benutzt. Dann geht auf einmal was Kleines, aber wichtiges daran kaputt.
Was nun?
Du kannst auf keinen Fall auf den Rucksack verzichten. Ein Neukauf würde eine lange Recherche nach sich ziehen und viel Kosten verursachen. Und überhaupt ist es einfach schade, gleich den ganzen Rucksack wegzuwerfen, nur weil was Kleines daran nicht mehr funktioniert.
Rucksack reparieren lassen?
Es kommt sehr darauf an, was für Ressourcen dir zur Verfügung stehen. Ich persönlich gebe gerne etwas zur Reparatur. Mir ist es im Moment wichtiger, Zeit als Geld einzusparen. Ich finde es toll, wenn jemand eine so sinnvolle Tätigkeit wie Reparieren, anständig bezahlt bekommt.
Der Preis für eine Reparatur scheint uns oft unangemessen hoch. Das könnte daran liegen, dass die Waren, die wir kaufen, oft in Billiglohnländern hergestellt werden. Für die Reparatur bezahlen wir dann aber einen hiesigen Lohn.
Reparieren kann auch sehr aufwändig sein. Die verlangten Preise stelle ich nicht infrage, weil ich weiss, wie hoch faire Löhne sein sollen und wie viel Arbeit eine Reparatur machen kann.
Wenn ich die Reparatur in Auftrag gebe, spare ich jedoch mehrfach:
- Zeit für die Recherche für einen neuen Rucksack
- Geld für eine Neuanschaffung
- Zeit, die ich selbst für die Reparatur gebraucht hätte
- wertvolle Ressourcen, die erhalten bleiben, wenn ich den Rucksack weiterverwende
Rucksack selber reparieren
Mit etwas Mut und Neugierde lässt sich vieles auch selbst reparieren. Durchs selber Flicken gewinnst du manchmal auch interessante Einblicke in die Verarbeitung von Textilien
Bei meinem vierjährigen QWESTION-Rucksack sind die Schultergurte durch die Reibung an einem Metallring ausgefranst. Die Marke QWESTION steht für Nachhaltigkeit. Auf meine Anfrage, ob eine Reparatur angeboten werde, bekomme ich umgehend eine sehr freundliche Antwort. Ich schicke ein Foto des Rucksacks ein und bekomme einen Kostenvoranschlag für 45 CHF. Ich entscheide mich gegen das reparieren lassen. Jedoch nicht wegen des Preises, sondern weil die Farbe der Gurte nicht mehr erhältlich ist und mir die Alternativfarben nicht zusagen.
So kann ich dich jetzt auf meine Flickreise der Rucksackgurte nehmen.
Die Wahl des Materials
Ich habe die Idee, den ausgefransten Teil der Gurte mit einem Stoff zu ummanteln. Sollte schnell gemacht sein, denke ich mir. Das Material soll strapazierfähig, natürlich und/oder in meinem Haushalt möglichst schon vorhanden sein. Nach ein paar Tagen des Nachdenkens beim Walking, im Liegestuhl und beim Kochen, fallen mir kaputte Fahrradschläuche ein. Da muss ich nichts kaufen und die halten bestimmt für die Ewigkeit.
Vorbereitungen fürs Nähen der Rucksackgurte
Ich finde die Farbe der Schläuche zu hart zum Rest des Rucksacks. Deshalb „male“ ich mit der Nähmaschine in einer ähnlichen Farbe, wie die des Rucksacks, ein paar Muster auf die Schlauchabschnitte:
1. Zuschneiden der Schläuche auf die richtige Länge:
2. Abscheiden der langen Fransen an den Gurten:
3. Versäubern der Gurten:
4. Fahrradschläuche mit Nähklammern an den Gurten befestigen:
Jetzt nur noch aufnähen
Ja, das ist der Plan. Meine Maschine findet jedoch die Gurte plus drei Lagen Fahrradschlauch zu dick. Sie macht seltsame Geräusche und produziert unschöne Fadenschleifen. Ich versuche es mit einer dickeren Nadel und dickerem Nähgarn, aber es ist nichts zu machen. Also geh’ ich zum Schuster. Er erklärt sich einverstanden, die zwei Schlauchabschnitte auf die Gurte zu nähen. Ein Kinderspiel mit so einer Profimaschine denk’ ich mir. Voller Vorfreude will ich den Rucksack zwei Tage später abholen. Der Schuster sieht ein wenig besorgt aus. Der Nähmaschinenfuss konnte auf dem Fahrradschlauch nicht gleiten und es hat trotz der jahrzehntelangen Näherfahrung des Schusters viele Falten gegeben. Ich bedanke mich für seine Mühe und seinen Mut und bezahle. Ich bin zwar etwas enttäuscht, aber ich habe auch etwas dazugelernt.
Eine bessere Lösung suchen
Wenn du selber Sachen nähst und flickst, kommt es immer wieder vor, dass etwas anders rauskommt, als du dir das ausgedacht hast. Das ist vollkommen normal und es gehört einfach dazu. Du kannst dich ärgern. Aber das tut dir nicht gut und blockiert vor allem das Finden einer neuen Lösung. Freue dich lieber an deinem Zuwachs an Erfahrung und suche eine andere Lösung. Ich bin glücklicherweise mit einer reichen Fülle an Ideen und Einfällen gesegnet. Sie kommen mir beim Putzen, beim Stricken, wenn ich die Katze streichle oder an der Sonne eine Pause mache, abends im Bett und manchmal sogar im Traum.
Nachdem ich meinen Rucksack abgeholt habe, spüre ich sofort, dass ich die Gurte so nicht nutzen kann. Abgesehen davon, dass die Falten nicht so gut aussehen, lassen sich die Bänder auch nicht mehr durch die Ringe ziehen.
Der durchdachte Mechanismus für den Wechsel von Tasche zu Rucksack funktioniert nicht mehr, weil die Falten des Gummis nicht mehr durch die Metallringe passen.
Auf einmal kann ich überhaupt nicht mehr verstehen, wie ich die bremsende Eigenschaft des Gummis übersehen konnte. Denn selbst ohne Falten hätten die mit Gummi ummantelten Gurte nicht geschmeidig durch die Metallringe gleiten können.
Ich entscheide mich, die Gurte mit einem dünnen Baumwollstoff einzufassen. Wohl wissend, dass es nicht eine Lösung für die Ewigkeit ist.
Dafür ist es schnell gemacht. Falls ich es später noch einmal so reparieren möchte, wäre es kein Problem.
Happy End: So habe ich die Gurte auf eine einfache Weise repariert:
1. Stoffstücke versäubern, auf die richtige Grösse falten:
2. Gurten seitlich versäubern:
3. Stoff auf die Gurte stecken:
4. Einmal in der Mitte durch nähen:
Dieses Mal schnurrt meine Nähmaschine wie ein zufriedenes Kätzchen und der Nähfuss gleitet mühelos über den Stoff. Die Gurte flutschen jetzt fröhlich durch die Ringe, der Rucksack hat durch den Tupfenstoff einen persönlichen Look bekommen und ich konnte ein paar Stoffreste für die Reparatur nutzen.
Ich bin jedes Mal begeistert, wenn ich einem Objekt durch eine Reparatur neues Leben einhauchen kann. Oft mag ich den geflickten Gegenstand danach sogar noch lieber.
Hier siehst du mich glücklich mit dem reparierten Rucksack!
Gutes Tun: Dein Beitrag zum Klimaschutz
Jede Reparatur, ob selbst gemacht oder in Auftrag gegeben, ist in sehr sinnvoller Beitrag zum Klimaschutz. Je weniger neu gekauft wird, desto weniger muss produziert werden. Die Textilindustrie steuert einen grossen Anteil zum weltweiten CO₂-Ausstoss bei.
Wenn du noch nicht selber reparieren kannst, steht dir die wunderbare Welt des Flickens zum Lernen offen. Vielleicht kannst oder willst du im Moment keine Zeit und kein Geld darin investieren. Dann empfehle ich dir den Besuch eines lokalen Repaircafes. Dort helfen Freiwillige kostenlos allerlei Dinge zu reparieren. Du spendest dort den Beitrag, den dir die Reparatur Wert ist.
Wenn dich dieser Artikel inspiriert hat, schreibe mir gerne davon in die Kommentare! Ich freue mich sehr von dir zu lesen !
0 Kommentare